Kapitalerträge richtig versteuern: Abgeltungssteuer, Freistellungsauftrag und Steuerfreibeträge
Wer Kapital anlegt, möchte Gewinne erzielen. Doch sobald Erträge anfallen, klopft auch das Finanzamt an. Umso wichtiger ist es, die steuerlichen Regelungen rund um Kapitalerträge zu verstehen. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie Sie Ihre Kapitalerträge richtig versteuern, was es mit der Abgeltungssteuer auf sich hat und wie Sie Freistellungsaufträge und Steuerfreibeträge optimal nutzen können.
Was sind Kapitalerträge?
Unter Kapitalerträgen versteht man Einkünfte, die aus Geldanlagen resultieren. Dazu gehören unter anderem:
- Zinsen aus Sparbüchern, Tagesgeld oder Festgeld
- Dividenden aus Aktien
- Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren (z.B. Aktien, Fondsanteile)
- Erträge aus Zertifikaten oder Anleihen
- Erträge aus Investmentfonds
Die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge
Seit 2009 gilt in Deutschland die sogenannte Abgeltungssteuer. Sie ist eine Quellensteuer, die direkt von der Bank oder dem Finanzinstitut einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Der Steuersatz beträgt pauschal 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Insgesamt ergibt sich somit eine steuerliche Belastung von rund 26,375 Prozent ohne Kirchensteuer.
Wie funktioniert die Abgeltungssteuer?
Die Abgeltungssteuer wird automatisch von der auszahlenden Stelle einbehalten. Das bedeutet, wenn Sie beispielsweise Zinsen erhalten oder Aktiengewinne realisieren, zieht die Bank die Steuer direkt ab und führt sie ans Finanzamt ab. Für den Anleger ist das Verfahren bequem, da er sich nicht selbst um die Versteuerung kümmern muss.
Vor- und Nachteile der Abgeltungssteuer
Vorteile:
- Einfache Handhabung, da die Steuer automatisch einbehalten wird
- Pauschaler Steuersatz, unabhängig vom persönlichen Einkommensteuersatz
Nachteile:
- Für Personen mit niedrigem Einkommen kann der pauschale Steuersatz höher sein als der persönliche Steuersatz
- Keine Möglichkeit, Verluste direkt mit anderen Einkünften zu verrechnen
Der Freistellungsauftrag: Steuerfreie Kapitalerträge sichern
Um Kleinanleger zu entlasten, gibt es den sogenannten Sparer-Pauschbetrag. Dieser beträgt 1.000 Euro pro Person und Jahr (Stand 2023). Für Ehepaare verdoppelt sich der Betrag auf 2.000 Euro. Bis zu dieser Grenze bleiben Kapitalerträge steuerfrei.
Was ist ein Freistellungsauftrag?
Ein Freistellungsauftrag ist ein Auftrag an die Bank, Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags ohne Abzug der Abgeltungssteuer auszuzahlen. Ohne einen solchen Auftrag zieht die Bank die Steuer automatisch ab, auch wenn der Sparer-Pauschbetrag noch nicht ausgeschöpft ist.
Wie stelle ich einen Freistellungsauftrag?
Der Freistellungsauftrag kann direkt bei der Bank gestellt werden. Viele Banken bieten hierfür Online-Formulare oder Vordrucke an. Wichtig ist, dass der Sparer-Pauschbetrag auf alle Banken und Konten aufgeteilt wird, bei denen Sie Kapitalerträge erzielen. Eine Überziehung des Gesamtfreibetrags kann steuerliche Nachteile haben.
Der Steuerfreibetrag und die Nichtveranlagungsbescheinigung
Personen mit geringen Einkünften, deren Gesamteinkommen unter dem Grundfreibetrag liegt, können eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) beim Finanzamt beantragen. Mit dieser Bescheinigung sind sie von der Abgeltungssteuer befreit, und die Bank führt keine Steuern ab.
Wer kann eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen?
Anspruch auf eine NV-Bescheinigung haben Personen, deren zu versteuerndes Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt. Für das Jahr 2023 beträgt der Grundfreibetrag 10.908 Euro für Ledige und 21.816 Euro für Verheiratete.
Wie beantrage ich eine NV-Bescheinigung?
Der Antrag wird beim zuständigen Finanzamt gestellt. Nach Prüfung erhält man die Bescheinigung, die drei Jahre gilt. Diese muss der Bank vorgelegt werden, damit sie keine Abgeltungssteuer einbehält.
Steuererklärung und Günstigerprüfung
Obwohl die Abgeltungssteuer automatisch abgeführt wird, kann es sinnvoll sein, die Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben. Vor allem für Personen mit einem persönlichen Steuersatz unter 25 Prozent lohnt sich die sogenannte Günstigerprüfung.
Was ist die Günstigerprüfung?
Bei der Günstigerprüfung prüft das Finanzamt, ob die Besteuerung der Kapitalerträge mit dem individuellen Einkommensteuersatz günstiger ist als die pauschale Abgeltungssteuer. Ist der persönliche Steuersatz niedriger als 25 Prozent, erhält der Steuerzahler die Differenz zurück.
Wie gebe ich Kapitalerträge in der Steuererklärung an?
Die Kapitalerträge werden in der Anlage KAP der Einkommensteuererklärung eingetragen. Hier können auch Werbungskosten geltend gemacht werden, die den Sparer-Pauschbetrag übersteigen.
Tipps zur optimalen Ausnutzung von Steuerfreibeträgen
Um die steuerlichen Vorteile vollständig zu nutzen, hier einige praktische Tipps:
- Freistellungsaufträge optimal verteilen: Teilen Sie den Sparer-Pauschbetrag auf die verschiedenen Banken auf, bei denen Sie Kapitalerträge erzielen.
- Antrag auf NV-Bescheinigung: Wenn Sie geringe Einkommen haben, prüfen Sie die Möglichkeit, eine Nichtveranlagungsbescheinigung zu beantragen.
- Gemeinsame Veranlagung bei Ehepaaren: Nutzen Sie den doppelten Sparer-Pauschbetrag von 2.000 Euro.
- Günstigerprüfung nutzen: Geben Sie Ihre Kapitalerträge in der Steuererklärung an, wenn Ihr persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt.
- Verluste aus Kapitalerträgen: Verluste können mit Gewinnen aus Kapitalanlagen verrechnet werden. Führen Sie hierzu ein Verlustverrechnungstopf bei Ihrer Bank.
Fazit
Die Besteuerung von Kapitalerträgen kann komplex sein, doch mit dem richtigen Wissen lassen sich Steuern sparen. Nutzen Sie Freistellungsaufträge, um den Sparer-Pauschbetrag auszuschöpfen, und prüfen Sie, ob eine Nichtveranlagungsbescheinigung oder die Günstigerprüfung für Sie infrage kommt. So können Sie Ihre Kapitalerträge optimal genießen, ohne unnötig viel an das Finanzamt abzuführen.